STORY - MOTORRAD-TEAM

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STORY

Frühjahrserwachen eines Bikers
oder wie sag ich’s meiner Frau


Langsam aber stetig werden die Tage länger, die Sonnenstrahlen lecken die letzten Schneereste weg und die Tage werden spürbar wärmer. Der eingefleischte Biker sitzt täglich stundenlang am Fenster und sehnt den herannahenden Frühling förmlich herbei. Von Tag zu Tag wird er immer unruhiger und nervöser.
Jedes Jahr ist das der selbe Ablauf im Leben eines Motorradfreaks. Wer sich nicht schon ein Wintertreffen (heuer angeblich eine Schlammschlacht und Abzocke) hineinzog, für den ist das Warten auf die erste Ausfahrt und das erste Treffen eine wahre Geduldsprobe.
So geht es auch mir.

Der Termin für das erste Treffen stand selbstverständlich schon fest. Als Ziel hatten wir in einer unserer letzten Versammlungen Niederbayern ausgewählt. Voller Ungeduld wurde der Termin herbeigebettelt. Zelt und Zubehör wurden zum wiederholten Male überprüft oder Teile neu angeschafft. Die Maschine schon Wochen vorher technisch auf den Vordermann gebracht und auf Hochglanz poliert. Nur die Zeit schien momentan noch gegen mich zu arbeiten.
Doch dann war er endlich soweit, der Termin zum ersten Treffen stand an.
Schon die Nacht zuvor verlief ziemlich unruhig. Hast du auch alles an deinen Liebling (Motorrad) überprüft, auch das Öl nicht vergessen, funktioniert die Elektronik, springt sie überhaupt an.
Aber natürlich! Die letzten 2 Wochen hast du doch fast ausschließlich in der Garage gewerkelt und deinem Liebling eine Wellness-Kur verabreicht.
Am frühen Morgen setzte sich das innere Unbehagen fort. Habe ich auch wirklich an alles gedacht? Habe ich die Maschine vollgetankt, soll ich das Öl nicht doch noch mal kontrollieren, wie schaut es mit dem Reifendruck aus. Alles wurde zum wiederholten mal überprüft und durchgecheckt. Trotzdem wollte die Zeit nicht vergehen.
Endlich war der Abfahrtstermin da. Schnell wurde der Big-Bag mit Zelt und Schlafsack auf die Maschine geschnallt. Geld, Papiere, die Klorolle und auch das Aspirin nicht vergessen? Dann kann es ja losgehen zum vereinbarten Treffpunkt.

Doch in all dieser Hektik tauchten plötzlich und völlig unerwartet erste zweifelhaften Gedanken auf:
Wie wird das Wetter? Soll ich etwa den Regenkombi mit einpacken! Wie verläuft die Anfahrt, Sightseeing-Tour oder Autobahn und wer fährt überhaupt mit? Hält die Maschine durch? Wird es so geil wie letztes Jahr? Wieviel Treffen werden es heuer werden die wir gemeinsam anfahren? Ist auch heute tatsächlich der erste Termin?
Schnell sind diese dummen Gehirnaktivitäten verschwunden und der Bock vom Ständer gehievt. Mit Elan wird sich in den Sattel geschwungen, die Kluft nochmals zurecht gerückt damit ja nichts kneift oder zwickt und auf geht’s.

Doch da meldet sich abermals die Rübe.

Wie viele Treffen willst du eigentlich in dieser Saison anfahren? Was sagt deine bessere Hälfte dazu, wenn sie wie im letzten Jahr so manches Wochenende alleine verbringen muß? Wie wird sie reagieren?
Schmeißt sie dir, wie in der Werbung, ihr Höschen nach und wartet voller Sehnsucht auf deine Rückkehr, sind es nur die Socken oder fliegt dir gar mit brachialer Gewalt die Persilschachtel  mit all deinen Habseligkeiten in den Rücken!

Aber das kann doch gar nicht sein, du gehst doch nur deinem Hobby nach, kann denn das so schlimm sein.
Nach einem kurzen verstohlenen Rundumblick, ob nicht doch irgendwo deine Holde lauert, läßt du die Kiste an und rollst zwar mutig aber mit flauem Gefühl im Magen auf die Straße.

Was soll es, du bist ja auch in irgendeiner Weise zu einer Mission unterwegs. Material- und Tauglichkeitsprüfung deiner Maschine, wie haben die Straßen den Winter überstanden, bist du selber körperlich noch top fit, was gibt es Neues auf diesem Planeten.
Viele solcher Argument schwirren durch den Kopf.
Ist es nicht gut, wenn man in solch gestreßten Zeiten auf die Menschen zugeht! Ist da ein Treffen nicht die beste Gelegenheit dazu. Neue Leute lernt man kennen, alte Kumpels trifft man wieder, Erfahrungsaustausch hier, Seelentröster dort. Das kann doch nicht falsch sein.
Langsam nähere ich mich dem Ortsausgang. Soll ich fahren oder lieber doch umkehren.

Aber du hast doch diese Mission zu erfüllen.

Wie sind die Bierpreise, wo gibt es heuer die beste Goaßmaß , wurden die Steaks kleiner und die Fischsemmeln teuerer. Welche Band ist zur Zeit in. All das muß doch erforscht und erkundet werden.
Ich biege auf die Hauptstraße ein, immer noch ein mulmiges Gefühl im Bauch.
Vor mir liegt die Straße wie ein schwarzes Gummiband im gleißenden Licht der Sonne. Das wird sicher eine super Fahrt. Die Reifen werden auf dem Asphalt nur so kleben. Sollte man nicht auch ein Stück Autobahn mit einbauen, kurz mal die Maschine auf volle Leistung bringen damit sich der angesetzte Staub ins Nirgendwo verabschieden kann.
Aber vielleicht sollte ich heuer doch nicht so viele Treffen anfahren um den Hausfrieden sicherzustellen.

Aber was wird dann aus meiner Mission?

Ein Gedankenwirrwarr. Kreuz und quer zucken diese Überlegungen wie kleine Blitze durch meinen Kopf
Sind noch alle Kumpels “on road”, wer hat einen neuen Untersatz, wer schmückt sich mit einer neuen Sozia, wer stößt neu zu unserem Club.
All dies muß doch in Erfahrung gebracht werden.
Ich nähere mich dem vereinbarten Treffpunkt. Von weiten kann ich schon sieben oder acht Maschinen erkennen. Die Kumpels rennen fachsimpelnd und aufgeregt um die Böcke herum, als wenn es das “Erste Mal” wäre. Anscheinend gibt es hier ein neues Bike zu bewundern.
Oder sind die etwa auch in einer Mission unterwegs, wurden sie nur von Frühlingsgefühlen befallen, vor allen bei unsere Youngsters könnte ich das verstehen. Hier wird wahrscheinlich die Jagdsaison eröffnet.

Galant und geschmeidig wie ein Profi biege ich auf unseren Treffpunkt ein, stelle meinen Bock ab und werde auch gleich von allen stürmisch begrüßt. Ein Redeschwall bricht auf mich herein.
Wie fahren wir, ist auch Autobahn dabei oder nur die langweilige Landstraße, bleibt das Ziel wie abgemacht, wie war es letztes Jahr dort, gibt es dort Mädels usw.
Kein Zweifel, die haben auch alle in irgendeiner Form einen Missionsauftrag oder eine Aufgabe zu erfüllen, sonst würden sie doch nicht so aufgeregt wie ein paar Hühner herum hüpfen und auf so ein blödes Treffen fahren wollen.
Wer tut sich freiwillig so einen Streß an, wer ignoriert die Schwielen am Hintern nach der langen Anfahrt, wer nimmt ein Zelt als Unterkunft in Kauf, wer knallt sich sinnlos die Rübe voll, wer schlägt sich die ganze Nacht um die Ohren, wer läßt das Schnarchen des Kumpels über sich ergehen, wer bibbert gerne vor Kälte und rennt in den nassen Klamotten herum. Das alles kommt doch nicht von ungefähr.
Schnell sind da alle Zweifel beseitigt und das mulmige Gefühl im Bauch ist urplötzlich verschwunden. Wir sind ein Team und wir haben einen Auftrag den wir auch gemeinsam meistern werden. Packen wir es an, den die Zeit ist kurz bis zur nächsten Winterpause.

Und schließlich haben wir ja alle diese Mission zu erfüllen.

Also liebe Frauen und Freundinnen der Biker, habt Einsicht mit uns. Auch wenn ein “Grund” für unsere vielen Ausflüge und Treffen schnell gefunden ist, haben wir doch insgeheim Zweifel ob es gegenüber euch richtig ist, sich fast jedes Wochenende herumzutreiben.
Doch seht es uns bitte nach, denn wer einmal die Freiheit und Faszination auf dem Bike, die Freundschaft und Kollegialität untereinander erlebt hat, kann es so schnell nicht wieder lassen. Probiert es doch auch mal aus und fahrt mit, vielleicht wird da die eine oder andere von dem Mysterium Biken und dem Lagerfeuerleben in den selben Bann gezogen und genauso begeistert sein wie wir.

Und letzt endlich weis doch keiner wie lange er sich diesem Hobby noch hingeben kann, alle werden wir mal älter und ruhiger, vielleicht auch gescheiter und dann habt Ihr uns doch wieder, das ganze Jahr und nicht nur im Winter.

 
 
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